Regina Protmann – Seligsprechung am 13. Juni 1999
Ein zentrales Übel aller Zeiten ist, dass Menschen sein wollen wie alle anderen und sich ständig mit ihnen vergleichen. Es ist eigentlich eine wichtige Fähigkeit beim Größerwerden und Lernen. Doch dann, wenn es darum geht, unseren eigenen Weg zu finden, blockiert diese Eigenart.
Im christlichen Leben gibt es zwei Berufungen, eine allgemeine. Jeder ist gerufen, Kind Gottes zu werden und von Ihm bedingungslos geliebt zu sein. Die zweite Berufung ist dann für jeden Menschen einzigartig. Die spezielle Berufung ist der Weg, den Gott mit mir gehen möchte. Menschen, die das erkannt haben und leben, werden auch bei Gegenwind ein erfülltes, sinnvolles Leben führen. Verweilt man darin, zu machen, was alle machen oder wollen, degeneriert man vom Original Gottes zu einem Abziehbild. Menschen, die diese Berufung konsequent leben, heiligen sich. Und solcher Heilige, hoffen wir, gibt es viele.
Jetzt gibt es aber einige Menschen, die ein besonders wichtiges Zeichen auch für ihre Zeit sind. Wo man sieht, dass auf neue Fragen ihre Lebensentscheidung als eine Antwort Gottes gelesen werden kann. So war das auch mit Regina Protmann. Die Kranken, die Mädchen der Armen und der Dienst an der Schönheit der Liturgie wurden Regina wichtig für ihr Leben und das ihrer Mitschwestern. Und heilig, also bei Gott, glaubten wir sie ja auch schon vor der Seligsprechung.
Was also kommt dazu, wenn jemand „selig“ oder später „heilig“ gesprochen wird? Offiziell wird erst einmal nur festgestellt, dass das Leben der Heiligen durch Gottes Gnade und Mittun der Heiligen einen „heroischen Tugendgrad“ aufweist, also auch zur Nachahmung empfohlen wird. Eine Verehrung auch innerhalb der Messe wird erlaubt. Auf einer höheren Ebene wird dadurch von der Kirche aber auch gesagt: Hört, hier ist ein gesellschaftliches und/oder kirchliches Problem, das von dieser Seligen in beispielhafter Weise angegangen worden ist. Das dient auch zur Klärung, weil es natürlich im Leben der Seligen und Heiligen immer auch Menschen gegeben hat, die dem Weg der Seligen widersprochen haben. Zumal sich manchmal erst durch die Prozesse vor einer Selig- oder Heiligsprechung ergibt, dass es bei manchen neben viel Licht auch viel Schatten gab, sodass man manche bedeutend im Guten wirkenden Menschen nicht als Beispiel sehen kann, weil es da vielleicht einen zu großen Anteil gab, der Menschen auch verletzt hat.
Selten mahlen die Mühlen der Kirche schnell, wie bei Franziskus oder Elisabeth. Aber wenn es zu solchen Selig- und Heiligsprechungen kommt, zeigt sich oft, dass die Bedeutung dieser Heiligen oder Seligen auch heute noch ausstrahlt und ihr Lebenszeugnis noch von Bedeutung ist – wie im Fall der seligen Regina Protmann. Ein Grund, nicht nur für die Katharinenschwestern dankbar zu sein und zu feiern.
P. Adrian Kunert SJ