Kulinarische Heilung: über die Bedeutung von Ernährung im Sankt Gertrauden Krankenhaus
Im Sankt Gertrauden Krankenhaus legen wir großen Wert auf eine ausgewogene und nährstoffreiche Ernährung unserer Patient:innen, denn wir sind überzeugt: Gutes Essen ist Medizin für Körper und Seele. Herr Pienkoss, der Küchenleiter unseres Hauses und zugleich ein passionierter und erfahrener Gastronom, ist eine Schlüsselfigur bei der Entwicklung unseres ganzheitlichen Speisekonzepts. Im Interview gewährt er uns Einblicke in die Philosophie der Krankenhausküche, erörtert die Herausforderungen bei der Speisenplanung und betont die Bedeutung von Nachhaltigkeit und Regionalität in unserem Alltag.
Herr Pienkoss, könnten Sie uns einen kurzen Überblick über die Grundprinzipien geben, die die Speiseplanung im SGK leiten?
Herr Pienkoss: Sehr gerne. Die Speiseplanung in jedem Krankenhaus unterliegt spezifischen Anforderungen, die sich von gewöhnlichen gastronomischen Einrichtungen unterscheiden. Diese sind besonders darauf ausgerichtet, den gesundheitlichen Bedürfnissen der Patient:innen gerecht zu werden. Zu den Grundprinzipien, die unsere Speiseplanung leiten, zählen spezifische Diäten für Zustände wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Allergien und Intoleranzen. Unsere Menüs sind so gestaltet, dass sie spezifische Nährstoffanforderungen erfüllen, die Gesundheit fördern und die Genesung unterstützen.
Eine hohe Priorität liegt auch auf der Patientensicherheit, insbesondere bezüglich der Hygienestandards bei der Zubereitung und Lagerung von Lebensmitteln. Wir berücksichtigen individuelle Präferenzen und Einschränkungen durch individualisierte Menüs, die auch kulturelle und religiöse Bedürfnisse einschließen. Die Nutzung von saisonalen und frischen Produkten unterstützt nicht nur die Qualität und den Geschmack der Speisen, sondern fördert auch unsere Nachhaltigkeitsziele. Zudem ist es uns wichtig, unsere Patient:innen über die Bedeutung einer gesunden Ernährung zu informieren, was durch Informationsmaterialien oder Beratungsgespräche erfolgt.
Tatsächlich hat die Ernährung im Krankenhaus oft den Ruf, nicht besonders ansprechend zu sein. Wie gehen Sie und Ihr Team vor, um sicherzustellen, dass die Mahlzeiten nicht nur gesund, sondern auch geschmacklich überzeugend sind?
Herr Pienkoss: Die Herausforderung, im Krankenhausumfeld sowohl nahrhafte als auch geschmacklich ansprechende Mahlzeiten zu bieten, ist nicht unerheblich. Dennoch sind wir im Sankt Gertrauden bestrebt, diese Wahrnehmung zu verändern und unsere Speiseangebote kontinuierlich zu verbessern. Unsere Köch:innen und Ernährungsfachkräfte arbeiten eng zusammen, um Mahlzeiten zu kreieren, die sowohl nährstoffreich als auch geschmacklich ansprechend sind.
Wir legen großen Wert auf die Verwendung hochwertiger Zutaten und die Einbindung von frischen Kräutern und Gewürzen. Unsere Speisen werden mit saisonalem Gemüse und Obst bereichert, was die Geschmacksintensität und Nährstoffqualität steigert. Zudem fördern wir kulinarische Innovation und Kreativität durch den Einsatz moderner Kochtechniken und regelmäßige Weiterbildungen unseres Küchenpersonals. Durch die Implementierung dieser Strategien stellen wir sicher, dass unsere Mahlzeiten nicht nur ernährungsphysiologisch ausgewogen, sondern auch kulinarisch ansprechend sind. Dies führt zu einer besseren Patientenzufriedenheit und unterstützt ihre Genesung.
Können Sie uns einen Einblick geben, wie die Vorbereitung und Verteilung der Mahlzeiten im SGK organisiert ist? Welche logistischen Herausforderungen gibt es dabei und wie stellen Sie sicher, dass jede:r Patient:in pünktlich eine warme, qualitativ hochwertige Mahlzeit erhält?
Herr Pienkoss: Die Organisation der Mahlzeitenzubereitung und -verteilung im Sankt Gertrauden stellt eine komplexe logistische Aufgabe dar, die sowohl sorgfältige Planung als auch den Einsatz modernster Technologien erfordert. Unsere Prozesse beginnen in der zentralen Küche, wo alle Mahlzeiten vorbereitet und anschließend an die verschiedenen Stationen verteilt werden. Hier wird das Essen regeneriert, was bedeutet, dass es auf die richtige Serviertemperatur gebracht wird, während wir gleichzeitig höchste hygienische Standards aufrechterhalten.
Ein entscheidendes Werkzeug in unserem System ist die spezialisierte Ernährungsmanagement-Software. Diese verwaltet nicht nur die Ernährungsbedürfnisse und Vorlieben jeder:s Patient:in, sondern ist auch direkt mit der Küchenlogistik verbunden. Das ermöglicht es uns, Diätanforderungen sowie Allergien und Vorlieben genau zu berücksichtigen und flexibel auf Änderungen zu reagieren.
Für den Transport der Mahlzeiten nutzen wir einen hauseigenen Dienst, der die Speisewagen nach einem festgelegten Zeitplan zu den Stationen bringt. Eine moderne Regeneriertechnik gewährleistet, dass die Mahlzeiten immer bei einer Temperatur über 65 Grad Celsius serviert werden, um die Lebensmittelsicherheit zu garantieren.
Die Organisation unserer Küchencrew ist ebenfalls entscheidend. Wir arbeiten in genau getakteten Schichten, die sicherstellen, dass zu Spitzenzeiten stets ausreichend Personal verfügbar ist. Diese präzise Planung ermöglicht es uns, alle Abläufe von der Zubereitung bis zur Auslieferung der Mahlzeiten effizient und ohne Verzögerungen zu gestalten. Regelmäßige Qualitätskontrollen stellen zudem sicher, dass unsere hohen Standards immer eingehalten werden.
Wie berücksichtigt Ihre Küche die speziellen Ernährungsbedürfnisse und -wünsche der Patient:innen und wie unterstützt die Zusammenarbeit mit den medizinischen Teams die Entwicklung effektiver Ernährungspläne?
Herr Pienkoss: Die individuellen Ernährungsbedürfnisse und -wünsche unserer Patient:innen zu berücksichtigen, ist ein zentraler Bestandteil unserer Arbeit. Die enge Zusammenarbeit mit medizinischen Teams ist dabei unerlässlich, um effektive Ernährungspläne zu entwickeln. Unsere Diätassistenten erstellen basierend auf medizinischen Vorgaben spezielle Ernährungspläne, die dann von unserem Küchenpersonal umgesetzt werden. Technologische Unterstützung erhalten wir durch Systeme wie CUVOS, das die Menüerfassung und -verteilung steuert und sicherstellt, dass jede:r Patient:in die passenden Mahlzeiten erhält.
Wir setzen außerdem auf regelmäßige Schulungen in Bereichen wie Diätetik und Lebensmittelsicherheit, um sicherzustellen, dass unser Küchenpersonal stets die höchsten Standards erfüllt. Regelmäßige Patient:innenbefragungen und ein etabliertes Feedbacksystem ermöglichen es uns, unsere Angebote kontinuierlich zu verbessern und auf individuelle Geschmacksvorlieben einzugehen. Durch dieses koordinierte Handeln stellen wir sicher, dass das Essen im Krankenhaus nicht nur ernährungsphysiologisch angepasst ist, sondern auch zur Verbesserung der Patientenzufriedenheit und -genesung beiträgt.
Die traditionellen und mittlerweile als veraltet geltenden keimarmeren Ernährungsansätze in Krankenhäusern werden oft dafür kritisiert, dass sie das Risiko für Mangelernährung erhöhen und die Lebensqualität der Patient:innen einschränken können. Welche Ernährungsstrategien setzt das SGK ein, um die Ernährungssicherheit und das Wohlbefinden immunsupprimierter Patient:innen zu gewährleisten, ohne sie den Gefahren veralteter Praktiken auszusetzen?
Herr Pienkoss: Im Sankt Gertrauden haben wir unsere Ernährungsansätze für immunsupprimierte Patient:innen grundlegend überarbeitet, um sie sicher und nährstoffreich zu gestalten. Unser Ziel ist es, sowohl das Risiko einer Mangelernährung zu minimieren als auch das Wohlbefinden und die Lebensqualität unserer Patient:innen zu verbessern. Eine unserer zentralen Strategien ist die Verwendung von frischen, qualitativ hochwertigen Zutaten, die unter strengen hygienischen Bedingungen verarbeitet werden. Dabei wählen wir unsere Lieferanten sorgfältig aus und stellen sicher, dass sie strenge Qualitätskontrollen erfüllen, um die Sicherheit und Qualität der Produkte zu garantieren.
Zudem nutzen wir fortschrittliche Küchentechnologie wie Sous-Vide-Geräte, die es ermöglichen, Lebensmittel bei kontrollierten niedrigen Temperaturen zu garen. Dies minimiert Nährstoffverluste und maximiert die Sicherheit der Speisen. Unsere Ernährungsfachkräfte arbeiten eng mit dem medizinischen Personal zusammen, um individuell angepasste Ernährungspläne zu entwickeln, die genau auf die individuellen Gesundheitsbedingungen und Bedürfnisse der Patient:innen abgestimmt sind. Durch diese modernen Ansätze stellen wir sicher, dass unsere immunsupprimierten Patient:innen eine sichere und nahrhafte Ernährung erhalten, die ihre Genesung unterstützt und sie vor unnötigen Risiken schützt.
Biologisch angebaute Produkte sowie Regionalität und Saisonalität gewinnen in der Gastronomie zunehmend an Bedeutung. Wie setzen Sie diese Prinzipien in Ihrer Küche um und welche Vorteile ergeben sich daraus für die Patient:innen?
Herr Pienkoss: Zwar stehen wir manchmal vor finanziellen Herausforderungen, doch wir bemühen uns, biologische, regionale und saisonale Produkte so oft wie möglich einzusetzen, um die Exposition gegenüber schädlichen Chemikalien zu minimieren. Diese Produkte sind frei von synthetischen Pestiziden und Düngemitteln und enthalten häufig eine höhere Konzentration an Nährstoffen und Antioxidantien, was sie besonders wertvoll für die Erholung und allgemeine Gesundheit unserer Patient:innen macht.
Die Förderung qualitativer Lebensmittel ermöglicht es uns, frischere und nährstoffreichere Mahlzeiten anzubieten. Kurze Transportwege reduzieren nicht nur den Energieverbrauch und die Emissionen, sondern unterstützen auch die lokale Wirtschaft und tragen zur Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Praktiken bei. Zudem können wir durch eine menüplanungsbasierte Verfügbarkeit von Produkten eine größere Vielfalt in den Speiseplan bringen, was die Mahlzeiten für die Patient:innen attraktiver macht.
Unsere Küche passt sich flexibel an die Verfügbarkeit und Qualität der Produkte an, um stets die bestmögliche Mahlzeit zu bieten. Darüber hinaus legen wir großen Wert auf eine umweltbewusste Abfallwirtschaft, indem wir Lebensmittelabfälle durch präzise Bestellmengen und die Verwertung von Lebensmittelüberhängen minimieren. Zusätzlich fördern wir das Recycling und die Kompostierung biologischer Abfälle, was die Umweltbelastung weiter verringert.
Diese Maßnahmen tragen nicht nur zur Gesundheit und Zufriedenheit unserer Patient:innen bei, sondern positionieren unser Krankenhaus auch als Vorreiter in der umweltbewussten und nachhaltigen Gesundheitsversorgung und minimieren unsere ökologischen Fußabdrücke.
Das Lieferkettensorgfaltsgesetz fordert Unternehmen auf, ihre Lieferketten sorgfältig zu überwachen. Wie stellt das SGK sicher, dass seine Lieferanten die geforderten sozialen und ökologischen Standards einhalten, und welche Herausforderungen ergeben sich dabei für Ihre Küchenbetriebe?
Herr Pienkoss: Wir nehmen die Verantwortung, die mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz einhergeht, sehr ernst. Unser Ziel ist es, sicherzustellen, dass alle unsere Lieferanten nicht nur die gesetzlichen Vorgaben erfüllen, sondern auch unsere hohen Standards in Bezug auf soziale Verantwortung und Umweltschutz aktiv fördern. Um dies zu gewährleisten, haben wir mehrere Maßnahmen implementiert.
Zunächst führen wir regelmäßige Due-Diligence-Prüfungen unserer Lieferanten durch. Diese Überprüfungen helfen uns sicherzustellen, dass unsere Lieferanten alle relevanten Zertifizierungen besitzen und sowohl Umwelt- als auch Sozialstandards einhalten. Unsere Verträge enthalten zudem spezifische Klauseln, die unsere Lieferanten verpflichten, diese Standards zu erfüllen.
Eines der größten Probleme in diesem Prozess ist die Transparenz der Lieferkette, besonders bei internationalen Lieferanten. Die Herausforderung besteht darin, vollständige Einsicht in alle Ebenen der Lieferkette zu erhalten, was insbesondere in einem budget-sensitiven Umfeld wie einem Krankenhaus schwierig sein kann, da höhere Standards oft auch höhere Kosten bedeuten.
Um unsere Lieferanten kontinuierlich zu schulen und über die neuesten Anforderungen und Praktiken zu informieren, bieten wir regelmäßige Workshops an. Diese Partnerschaftsarbeit ist zentral für die Verbesserung der Standards, da nicht alle Lieferanten sofort in der Lage sind, Änderungen umzusetzen, und einige gegenüber neuen Methoden zurückhaltend sein können.
Technologie spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Überwachung unserer Lieferkette. Durch den Einsatz fortschrittlicher Technologien verbessern wir die Rückverfolgbarkeit und können die Einhaltung der Standards effektiv überwachen. Die regelmäßige Analyse und Bewertung von Lieferantendaten hilft uns, Risiken frühzeitig zu erkennen und zu minimieren.
Intern führen wir regelmäßige Audits durch und haben Feedbackmechanismen eingerichtet, die es unseren Mitarbeiter:innen ermöglichen, Bedenken oder Verstöße zu melden. Diese internen Überprüfungen sind essenziell, erfordern jedoch erhebliche Ressourcen.
Nachhaltiges Handeln ist ein zentraler Aspekt in der Gastronomiebranche. Angesichts der Tatsache, dass der Gesundheitssektor etwa 5% der deutschen CO2-Emissionen verursacht, wobei ein signifikanter Anteil davon aus dem Krankenhaus-Catering stammt, welche Maßnahmen ergreift das SGK, um Lebensmittelabfälle zu reduzieren und wie tragen diese Schritte zum Umweltschutz bei?
Herr Pienkoss: Im Sankt Gertrauden Krankenhaus sind wir uns unserer Verantwortung für die Umwelt bewusst und haben eine Reihe von Strategien entwickelt, um Lebensmittelabfälle zu minimieren und dadurch unsere CO2-Emissionen zu senken. Unsere Ansätze umfassen präzise Bedarfsplanung und Bestellverfahren, bei denen wir fortschrittliche Software einsetzen, um die benötigten Lebensmittelmengen genau vorherzusagen und unsere Bestellungen entsprechend der tatsächlichen Nachfrage anzupassen. Dies ermöglicht es uns, die Menüs flexibel zu gestalten und Lebensmittelüberhänge effizient zu verwerten, ohne die Qualität oder die Ernährungsbedürfnisse unserer Patient:innen zu beeinträchtigen.
Wir legen großen Wert auf die Portionierung und Personalisierung der Mahlzeiten, sodass unsere Patient:innen wählen können, welche und wie viel sie von bestimmten Speisen verzehren möchten. Durch genaue Portionskontrollen wird sichergestellt, dass die ausgegebenen Lebensmittelmengen genau den Bedürfnissen der Patient:innen entsprechen, was wiederum die Menge der Lebensmittelabfälle deutlich reduziert.
Zusätzlich arbeiten wir mit lokalen Recyclingfirmen zusammen, die organische Abfälle sammeln und sinnvoll weiterverarbeiten, was nicht nur die Belastung der Deponien reduziert, sondern auch die organischen Reste nutzt. Ein weiterer wichtiger Aspekt unserer Strategie ist die Bewusstseinsbildung und die Schulung unseres Küchenpersonals in nachhaltiger Küchenführung und effizientem Abfallmanagement.
Diese Maßnahmen spiegeln unser tiefes Engagement für die Reduzierung von Lebensmittelabfällen und die Verringerung unserer CO2-Emissionen wider. Sie verbessern nicht nur den Umweltschutz, sondern steigern auch die Effizienz und Kostenwirksamkeit unserer Küchenoperationen, was unser Krankenhaus zu einem Vorreiter in der umweltbewussten Gesundheitsversorgung macht.