Erster Jahrgang schließt generalistische Pflegeausbildung ab: Ein Resümee
15 Absolventinnen und Absolventen des Ausbildungsjahrgangs 2020 am Sankt Gertrauden-Krankenhaus dürfen sich nun examinierte Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner nennen. Sie sind Teil des ersten Kurses, der die Ausbildung nach neuem Pflegeberufgesetz absolviert hat. Dies war am 1. Januar 2020 in Kraft getreten. So vielversprechend die neue generalistische Pflegeausbildung auf den ersten Blick auch scheint, so weist sie derzeit noch Schwachstellen auf.
Mit dem neuen Pflegeberufgesetz wurde 2020 die Pflegeausbildung geändert und neu strukturiert. Die drei Berufsbilder Krankenpfleger:in, Altenkrankenpfleger:in und Kinderkrankenpfleger:in wurden abgeschafft und durch eine generalistische Pflegeausbildung ersetzt. Künftig sind Absolventinnen und Absolventen – anders als vorher – nun berechtigt, in allen Bereichen der Pflege zu arbeiten. Das erleichtert ihnen den Einstieg in den Pflegeberuf und ermöglicht einen Wechsel zwischen den verschiedenen Bereichen. Zudem ist der Berufsabschluss der generalistische Pflegeausbildung europaweit anerkannt. Examinierte Pflegefachfrauen und -männer können demnach überall in Europa arbeiten. Somit eröffnet der neue Abschluss den Examinierten viel mehr Möglichkeiten als bisher.
Generalistische Pflegeausbildung: Defizite in der Praxis
„In der Theorie klingt das Modell der neu eingeführten generalistischen Pflegeausbildung vielversprechend und nach einem Zugewinn an Möglichkeiten für die Auszubildenden. Für uns in der Praxis bedeutet das allerdings, dass unsere Azubis während ihrer Ausbildung nicht annähernd so viel fachspezifisches Wissen erlernen, wie das in der alten Ausbildung der Fall war. Dadurch haben die examinierten Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner große Wissensdefizite“, sagt Anke Meyer, Zentrale Praxisanleiterin am Sankt Gertrauden-Krankenhaus. Ihre Kollegin Bianca Behnke fügt hinzu: „Außerdem haben wir als Zentrale Praxisanleiterinnen eine viel höhere Verantwortung für die Azubis in der Praxis und das ist auch wegen des Fachkräftemangels nur schwer umzusetzen.“
Erster Jahrgang absolvierte Ausbildung an St. Hildegard Akademie
Der Abschlussjahrgang 2023 ist zudem der erste Kurs, der den theoretischen Teil seiner Ausbildung an der neuen Pflegeschule, der St. Hildegard Akademie absolvierte. Dabei handelt es sich um eine Ausbildungsstätte, die 2020 aus drei Pflegeschulen katholischer Träger – unter anderem dem Sankt Gertrauden-Krankenhaus – zu einer großen Akademie zusammengeführt wurde. „Die Zusammenarbeit mit der neuen Pflegeschule und den Kooperationspartnern funktioniert sehr gut, wir haben uns in den letzten drei Jahren gut zusammengefunden“, so Zentrale Praxisanleiterin Anke Meyer. „Die Gremien wie Gesellschafterversammlungen und der Aufsichtsrat haben einen tollen Job gemacht, sodass für alle Beteiligten ein gutes Gelingen der Ausbildung möglich war“, fügt Susan Rosenbaum, Pflegedienstleitung am Sankt Gertrauden-Krankenhaus, hinzu. Einen Verbesserungsbedarf sehen die Praxisanleiterinnen bei der Planung der Praxiseinsätze und beim digitalen Schulprogramm, das die Schule mit den Kooperationspartnern, dem Krankenhaus und den Auszubildenden vernetzt. „Insgesamt ist die Pflegeschule aber sehr bemüht und geht auf unser Feedback ein“, so Zentrale Praxisanleiterin Bianka Behnke.
Generalistischen Pflegeausbildung: Ein Ausblick
Ende 2024 soll die von der Bundesregierung neu eingeführte Pflegeausbildung von den Gesetzgebern evaluiert werden. Arbeitsgruppen, Berufsverbände und Pflegeschulen sammeln schon jetzt Feedback, um dieses den Gesetzgebern zurückzuspielen. Auch die Beteiligten am Gertrauden stehen im stetigen Austausch mit der Pflegeschule und den anderen Einrichtungen, die im Verbund der Pflegeschule vereint sind. Sie tauschen sich aus und übermitteln, wo es aus ihrer Sicht Verbesserungsbedarf gibt. Wichtige Punkte, über die sich die Zentralen Praxisanleiterinnen und die Pflegedienstleitung am Sankt Gertrauden einig sind: verkürzte Außeneinsätze, flexiblere Gesetze und die Anpassung der theoretischen Inhalte der Ausbildung an Akkutsettings. Wenn es bei diesen Punkten zu einer Änderung im Gesetzt kommt, steht dem Erfolg der neu eingeführten generalistischen Pflegeausbildung auch nichts mehr im Weg.
Pflegedienstleitung Susan Rosenbaum blickt positiv in die Zukunft: „Wir haben uns einer riesigen Herausforderung gestellt und ich freue mich über die tolle Leistung des Jahrgangs. Sie haben nicht nur die Hürde des neuen Pflegeberufgesetzes, sondern auch die erschwerten Bedingungen durch die Coronapandemie und den Start an der neuen Schule gemeistert. Insgesamt finde ich den Grundgedanken der neuen generalistischen Pflegeausbildung gut, es müssen allerdings noch einige Überarbeitungen stattfinden, damit die Ausbildung auch in der Praxis funktioniert.“