Herz Jesu, dein Herz-Klima, oder gibt es ein Leben vor dem Tod?

Berlin, 22. Mai 2024

Was erst mal witzig klingt, ist es für viele nicht und das nicht nur in der sogenannten dritten Welt. Es soll auch hier vorkommen, dass sich alles nur um Arbeit dreht. Und auch wenn wir in unseren breiten eher angemessen bezahlt werden, kann es sein, dass man manchmal kaum noch Energie hat, neben all dem Trubel, das Leben zu leben und sich nicht nur für die Arbeit arbeitsfähig zu halten. Das ist aber nicht nur eine Frage der realen Anforderungen, die von außen auf uns einströmen, denn die nötigen Arbeiten hören nie auf. Es ist auch eine Frage, wie wir unser eigenes Herz bereiten lassen. Was kann das Feiern des Herz-Jesu-Festes uns da mit auf den Weg geben?

 

Gertrud, unsere Krankenhauspatronin, im Kloster zu Helfta war in ihrer Jugend eine aufstrebende Theologin. Sie war, wie sie sich selbst beschreibt, zerfressen vor Ehrgeiz mindestens genauso gut oder besser zu sein als die Männer. Doch nach einem Bekehrungserlebnis erkannte sie, wie belanglos dieses äußere Verstehen der Bibel im Vergleich zu einer lebendigen Beziehung zu Jesus war. Sie entdeckte für sich die Barmherzigkeit Gottes, die man sich vor allem schenken lassen muss. Ich kann nichts tun, um sie zu verdienen. Ich muss es aber auch nicht, weil Gott mir immer schon mit Liebe entgegenkommt. Diesen Strom der Barmherzigkeit aus der Liebe Gottes heraus feiert die Herz-Jesu-Frömmigkeit. Man kann diesen Weg der Herz-Jesu-Frömmigkeit verstehen als eine Suche, im Herzen Gottes zu entdecken, wie Er über mich fühlt, welche guten Gedanken Er über mich denkt und was Er für mich und mit mir vor hat.

 

Wie wirkt sich so eine Veränderung des Blickwinkels aus? Schauen wir mal auf unseren Alltag. Der ist voller, als uns manchmal lieb ist mit Dingen, die erledigt werden müssen. An diese Dinge könnte man nun rein professionell rangehen und sich bemühen, alles möglichst effektiv abzuarbeiten. Aber das tun wir ja schon und verbleiben immer öfter atemlos. Das Ergebnis kann trotzdem sein, dass wir müde und erschöpft sind, vor allem, wenn uns Patientinnen und Patienten, Kolleginnen und Kollegen und Vorgesetzte mal nicht mit dem richtigen Ton begegnen, was immer einmal vorkommen kann. Das kratzt dann auch an der eigenen Motivation. Die Alternative ist, sich immer wieder darauf zu freuen, im Nächsten Gott zu suchen und zu entdecken, Ihm dienen zu können mit der Bettpfanne, mit dem Putzlappen, dem Blut abzapfen oder auch der Reparatur und Einstellung des Fernsehers. Wird dadurch die Arbeit weniger? Nein, aber unsere Motivation wird anders – und auch das Leben mit dem Chaos. Dann nehmen wir uns auch die nötigen Pausen, um immer wieder mal diese Liebe zu feiern, die uns geschenkt ist, um sie auch in uns wirken zu lassen. Vernachlässigt man dann nicht etwa die Pflicht? Nein, aber man lässt sich den Rhythmus immer mehr vom Herzschlag Gottes vorgeben und sorgt so für ein gutes eigenes Herz-Klima.

 

So werden wir auch in diesem Jahr wieder unser Herz-Jesu-Fest feiern und so auch unser Herz-Klima neu kultivieren. Das darf sich dann auswirken in unserer Arbeit, in unseren Beziehungen, aber auch in der Beziehung zu unserer geschundenen Schöpfung, sodass sich wir uns auch selber immer wieder neu lebendig erleben können miteinander.

 

P. Adrian Kunert SJ